Väter & Küken – Über Infantilisierung und Entmenschlichung

Sie reden selbstverliebten Kram, als wären sie super alt. Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Jung und dumm, oder nur noch dumm?

Ich kann mich nicht konzentrieren. Unsichtbare Wände. Und du scheinst es nicht zu bemerken. Ich bin nicht hier. Ich bin nur ein Spiegel. Du überprüfst deinen Teint. Um festzustellen, dass dein Spiegelbild ganz allein ist.

Wenn Eier und Hühner eingesperrt und gegessen werden, wenn Männer Verlierer bleiben, bleibe ich ein Küken, ein emotionaler Gangster, der durch die Gitterstäbe passt. Und un(fix/fick)bar. Aber wo ist jetzt der Diss? Ich peil's nicht mal. Wie ärgerlich. Wie viel echtes Interesse bleibt, wenn man nicht kontrollierbar, wenn man sexuell unverfügbar ist? Der männliche Blick, die männliche Phantasie. Und hat das jemals irgendjemanden abgehalten? Als das Kind, Kind war, redete man ihm ein, es sei so reif für sein Alter, es sei jetzt eine Frau, um es fickbar zu machen. Heute soll es Mädchen sein, um ja fickbar zu bleiben. Ein Kind mit Brüsten, Beinen und Arsch ist ideal. Keine Sorge. Ein Küken ist auch etwas anderes als eine Tochter, in der Verantwortlichkeit. Sorgearbeit aber kommt für Männer nicht in Frage. Du bist verantwortlich dafür, was du aus deinen Gefühlen machst. Warum willst du dauernd, nur so ganz nebenbei, wissen, wie ich Sex habe? Es ist wie ein Haus, in dem es spukt.

Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Es gibt einen Unterschied zwischen Beweis und Wahrheit. Du kannst mir beweisen, dass du wie ein guter Vater sprechen kannst, aber die Wahrheit ist, dass es so etwas wie einen guten Vater nicht gibt. They called me weak, like I'm not just somebody's daughter. Soll meine Vergangenheit, meine Existenz zu mehr taugen als zur nachträglichen Skandalisierung? Kann nicht zurück und so, wie’s aussieht, nicht nach vorn. Ich habe aus gutem Grund mein Bewusstsein verloren. Ich habe keine Sehnsucht nach Autorität, nach Orientierungslosigkeit, nach Unterlegenheitsgefühlen. Hatte ich nie, ich bin ja auch kein echter Mann.

Ich bin aus dunklen Träumen aufgewacht, warn’s doch nicht die Anteile, die ich gern sähe. Das Neue ist fremd, Zerrüttung, mehr Schatten als Licht. Nehmt gefälligst euren Müll zurück, der sich in meinem Kopf angesammelt hat. Wenn man sich in einem negativen Kraftfeld bewegt, muss man jeden Tag zur Heldin werden, ob man will oder nicht.

Was aus mir wird? Ich weiß es jetzt noch nicht. Entweder, ich komme zur Welt, oder sterbe in deiner. Väter, Männer und die, die es sein wollen, haben uns wirklich noch nie vor irgendetwas beschützt. Sie können alles, außer nein sagen. Ich habe gelernt, dass diese Leute dich nur aufziehen, um dich einzusperren. Für dich sieht es aus, als würde ich davonlaufen. Ich bin in die Welt verliebt. Ich möchte sie einfach nur kennenlernen. Und du kennst sie nicht.

Im Westen vom Ceram, einer indonesischen Insel, werden die geschlechtsreifen Jungen vorgeblich getötet und erst nach Tagen den trauernden Müttern und Schwestern von ihren männlichen Errettern, den Paten, zurückgebracht. Um den Akt des Gebärens zu imitieren, verhält sich der Wiedergeborene wie ein frischer Säugling. Er stolpert umher, kann nicht selbständig essen und ist wie einst als Neugeborener auf die Mutter nun als Wiedergeborener auf die Hilfe der Paten angewiesen. Und das nennt man dann Individuation? It's already dead, die Neugier kommt nicht von den Vätern. Der einzige Grund, warum man sagt, dass die frühen Jahre die prägendsten sind, ist, dass man danach das Denken vernachlässigt. Danach, ziehen sie fröhlich in die Schlacht, und lassen etwas entscheidendes zurück. Sollen wir über den Gebärneid der Männer reden? Man kann Muttersprache vergessen, wenn niemand sie mit dir spricht. Wer einmal über das Kuckucksnest fliegt, wird danach von der Stille erstickt. Es gibt nur ein gutes Alter, und das ist männlich.

Auch Hannah Arendt spricht von der zweiten Geburt, die Männer für sich in Anspruch genommen haben. Handeln bedeutet, einen Anfang machen zu können, auch, wenn man dafür ausgegrenzt und verlassen wird. Und wie viele, die sich für erwachsen halten, tun das nicht? Es ist so unglaublich voraussetzungsreich, man selbst zu sein.

Wichtiger, als das Wirken, ist das Verstehen. Die Künstlerin ist das Kind, das Normen und Erwartungen überlebt hat. Sie wurde, mit Beginner's Mind, ungeduldig geboren. In Bewegung, macht sie einen Sinn. Mut bei Frauen wird oft mit Wahnsinn verwechselt. Die Mütter ihrer Mutter starben alle beim Warten. Halte sie zurück, versuche sie einzusperren, und du wirst zerbrechen wie Zuckerglas.

Als der Philosoph Hans Jonas, einer der besten Freunde Hannah Arendts, von ihr wissen wollte, ob sie ihn für dumm hielte, weil er zuweilen »ihr schnelles, oft schneidendes Urteil« über Menschen und Handlungen anzweifelte, sagte sie beinahe entsetzt: »Aber nein.« Doch dann fügte sie kategorisch hinzu: »Ich halte dich nur für einen Mann.«

Männer aber, so Jonas, waren für sie »das schwächere Geschlecht: ferner dem intuitiven Sinn für die Wirklichkeit, anfälliger für die Täuschungen des Begriffs, geneigter daher zu Illusionen«.

»Nur von den Dichtern erwarten wir Wahrheit, nicht von den Philosophen, von denen wir Gedachtes erwarten«.

Vielleicht interessieren sich Frauen nicht immer für ihre Meinung. Diese Botschaft muss man vorsichtshalber in Proteinpulver einrühren, damit sie leichter verdaulich ist.

Von Männern als Frau angesprochen zu werden bedeutet auch nur, auf einen Platz verwiesen zu werden, den sie für uns vorgesehen haben, und der liegt unter der Gürtellinie. Ordne mich doch ein, wo du willst. So oder so, es spielt keine Rolle. Als Mensch ist man allein. Mir geht das alles unheimlich auf die Nerven. Es gibt viel zu lernen, um es zu verlernen und um anzufangen, anders zu gestalten. Vielleicht enden Beziehungen nicht, weil wir nicht nein sagen können, sondern, weil wir es können. Dafür hassen sie uns. Schon die bloße Möglichkeit raubt ihnen den Verstand. Und jeder Vollidiot weiß, dass das die Liebe versaut. Wenn ich auch fühle, es muss ja Lüge sein, ich lüge auch, und bin dein Küken. Es wäre nicht so schlimm, Küken zu sein, wenn es keine Einladung für Missbrauch wäre.

»Sag, dass du dich selbst hasst.« Ich träume immer wieder von meiner Mutter als einer Maus. Manchmal verwandelt sie sich in eine, um mein Nein zu umgehen, manchmal packe ich sie und sage ihr, dass ich sie am liebsten schlagen würde. Weil ich weiß, dass, ob ich nun will oder nicht, unser Wert und unsere Würde zusammenhängen. Sie weiß es auch, aber macht etwas anderes daraus. »Ich mag deinen Tonfall nicht. Ich mag es nicht, wie sehr du gewachsen bist.« Und wenn sie riecht, dass ich zweifle, zerrt sie mich an den Haaren über den Boden, auf offener Bühne. Immer schuldig. Sie hat viel gelernt und ist eben ein richtiger Mann. Dafür steht sie ein und das fühlt sich noch viel schlimmer an. Man kann Muttersprache vergessen, wenn niemand sie mit dir spricht.

Woher mein Widerstand kommt? Vom Widerstand. Und meine Unsicherheit? Sicher war ich nie sicher. Konnte ich es mir leisten, Fehler zu machen? Nein. Ich hatte keine Rechte, aber den festen Glauben, dass eines Tages alles anders werden wird, weil es noch etwas anderes gibt. Ist das jetzt individuelles, privates Versagen, in das ich geboren wurde, oder ist etwas davon in die Gesellschaft eingeschrieben? Ist es, weil ich das Unglück anziehe, oder weil ich gesehenes nicht ungesehen machen kann? Mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob das, wonach ich suche, nicht doch seltener ist, als ich glaubte. Das Schlimmste ist, wenn man die Wüste nach innen verlagert und glaubt, man könne es in alten Lösungen und Systemen, die Beziehungen strukturieren, besser machen, wenn man sich nur genug anstrengt. Wenn man das will, was einem versprochen wird, wenn man unbekümmert einem Wunsch, einer Vorstellung nachläuft, die nie real war. Das ist naiv und nicht nachhaltig. Dann hat man nichts aus der Vergangenheit gelernt. Der Mythos der Gleichheit und Wahlfreiheit, aber da ist eine Kluft zwischen dem, was sein sollte und dem, was ist. Nichts war je selbstverständlich. Welches Problem? Es gibt kein Problem.

Selfcare ist eine privilegierte und idealisierte, konservative Vorstellung, aus Sehnsucht, aus Verdrängung, aus Unwissenheit, nicht an einer gemeinsamen Welt, wie sie ist, interessiert. Wir müssen nicht weniger geben, sondern ihr mehr. Jene, denen es gut geht, wenden sich von der Welt ab, werden sich so nicht aussuchen, sich zu verändern. Auch, wenn es ihnen dann besser ginge. Besser, wir sehen ein, dass das Andere existiert und nicht verschwinden wird. Dass es genauso dumm und schmerzhaft ist, etwas zu verschweigen und zu verstecken, wie taub und blind zu sein, weil die Wirklichkeit zumutbar sein muss und wir das nicht entscheiden. Meine Geschichte ist nicht tot. Sie ist nicht einmal vergangen. Vielleicht ist sie wertvoll. Unsere Gesellschaft lebt von Vielfalt. Aber nicht von Ungleichheit. Weniger die Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber dem Staat als die Notwendigkeit des Staates zum Schutz individueller Rechte. Das gilt auch hier. Ethik brauchen wir, wenn Rechtsdurchsetzung versagt. Staatlicher Paternalismus ist mit der Autonomie der Menschen nicht vereinbar, denn wenn der Staat versucht, das Glück seiner Bürger zu maximieren, maßt er sich an für sie zu beurteilen, was sie glücklich macht.

Precious people make friends with time. Radikale Offenheit ist bedingungslos, verletzlich und in der Tat die Haltung des Kindes. Kinder verfügen nicht über Autonomie, ihnen gesteht man Würde in Zukunft zu. Ein Zustand der Wehrlosigkeit, den man eigentlich nicht freiwillig herbeiführt. Das, was du siehst, ist längst schon Methode und so auch nicht weiter verwunderlich und der Rede wert, oder? Weird flex. Warum attestierst du mir etwas, das du arrangiert hast, eine Machtposition, in die du dich selbst gebracht hast? Aber natürlich bist du harmlos und derjenige, der geschützt werden muss. Ablenkung, weil es geht hier um dich.

Es ist also die freiwillige Einwilligung in eine seelische Wehrlosigkeit und Verletzung zugunsten einer Genesung. Schon krass und irgendwie brutal. Ich hoffe du weißt, was du tust und ich lege die Verantwortung und das Vertrauen in die richtigen Hände, denn die Seele unterscheidet nicht zwischen Wirklichkeit und Spiegelspiel. Dafür gibt’s keinen Prothesenbau. Übertragung ist, im Guten wie im Schlechten, ein furchtbares und beängstigendes Gefühl, wenn deine Gefühle zum realen Gefüge werden, obwohl sie im Sinne der Verantwortung gar nicht existieren. Etwas, nach dem man nicht gefragt hat, wogegen man sich nicht wehren kann. Selbst beim Rollenspiel am Theater gibt es Nachsorge. Weil es verstörend ist. Und hier geht es um mein Leben, ich kann mich nach der Simulation nicht in die Rolle des Professors zurückziehen und die Welt nicht auf Distanz bringen. Für mich ist die Affizierung stärker, und deshalb ist es schwerer, meine eigene Stimme zu hören.

Ich war noch nie so allein wie jetzt. Meine Psyche ist eine Hüpfburg, ich lasse dich reinspringen. Nichts war jemals frei zugänglich, nein. Du bist im Spielrausch und ich werde nie wirklich wissen, wie lange das noch gut geht. Befremdlich, nicht echt, irrational, imaginär, weil es nicht schon schwierig genug ist. Am Ende kennst du mich und ich dich überhaupt nicht. Ich kenne die Kulisse. Unter Zeitdruck verliere ich meine Anmut in einem Gedankenspiel. Und wenn ich keine Lust dazu habe, tust du tolerant, aber irgendwie bist du angepisst. Das kommt mir bekannt vor. Du musst dich öffnen, das hat nichts mit Konsens zu tun. Ich muss gar nichts. Und dann siehst du mich an und sagst: Aber wage es ja nicht, mir das anzutun. Und du willst mir erzählen, dass es nicht um Verführung geht? Aber sicher, ich muss das wohl missverstanden haben. Und ich frage mich, musst du mich erst hintergehen, um hinter mir zu stehen? Dann bin ich nicht da. Ich bin nur ein zerbrochener Spiegel. Und du bist eine fiktive Figur. Das nennt man Suspension of Disbelief. Wir wollen erreichbar, aber nicht verfügbar sein. Anteil am Geschehen haben, aber es nicht völlig kontrollieren. Mit der Verfügbarkeit steigt das Risiko monströser Unverfügbarkeit, in der Berührung und Transformation unmöglich wird. Du sagst, es gibt keine zwei Realitäten. Das stimmt, doch nur in der Resonanz. Man kann die existenzielle Angst auch rausnehmen – durch Aufklärung. Mit Verletzungserfahrung und -erwartung, wenn ich mich vor dir fürchte, will ich mich gerade nicht berühren lassen. Hinzu kommt, dass es wichtig ist, die eigene Stimme zu entwickeln. Als Küken, mit der Stimme des Vaters, geht ein Resonanzverweigerungsrecht einher, was der Sicherung der Resonanz dient. Außerdem, kann man nicht nicht kommunizieren, und Grenzen sind viel intimer, als man denkt. Sie erzählen einiges. Vielleicht erzählen sie von unsichtbaren Mauern, an denen man sich den Kopf aufgeschlagen hat. Manchmal kommt man gedanklich auch nicht weiter.

Dichter sagen die Wahrheit – und Kinder. Weil die Fälschungen echt sind. Und was brauchen sie? Raum und Erreichbarkeit. Man sollte Kinder nicht unterschätzen und sie achten.

Ich verstehe Menschen nicht die glauben, die Welt hätte ihnen nichts mehr zu erzählen. Doch wann hören sie zu? Man kann in Resonanz treten, ohne zu sprechen, und man kann sprechen, ohne wirklich da zu sein. Aber ja, lasst uns unsere Menschlichkeit verleugnen, warum auch nicht.

Frauen und Kinder sind im Häuslichen, im “Schutz” von genau jenem Schutz ausgeschlossen, den Akteure in den öffentlichen Räumen durch Menschenrechtsgaranten genießen und den Männer ihren Frauen im Privaten als vermeintliche Beschützer geben wollen. Misogynie, ob von Männern oder Frauen, das ist das Kontrollieren und Bestrafen von Frauen, die die männliche Dominanz herausfordern. Weil sie schon immer ohnmächtig war. Wer oder was wird also beschützt?